Leben und Traditionen der Wolgadeutschen

Die deutschen Kolonien an der Wolga hatten seit ihrer Gründung ihren eigenen Lebensstil und pflegten ihre spezifischen Traditionen. Der Alltag dieser Menschen bestand vor allem aus schwerer körperlicher Arbeit in der Landwirtschaft. Sie bauten eine Vielzahl von unterschiedlichen Getreide-Kulturen an und betrieben Viehzucht. Den Wolgadeutschen standen lediglich 60 Feiertage und Sonntage im Jahr zur Verfügung. Die höchsten Feiertage der Kolonisten waren Weihnachten, Neujahr, Ostern und Pfingsten.

Mit großem Aufwand wurden die Festtage in Form von Kirchmessen gefeiert. Diese Feste fanden immer an einem Sonntag statt und wurden nie mit einem Fest aus einer benachbarten Kolonie zusammengelegt, so konnte sichergestellt werden, dass auch die Menschen aus der Nachbarschaft an den Festen teilnehmen konnten.

Im Spätherbst gab es Heiratsvermittlungen, die nicht selten heimlich stattfanden und an denen nur Männer teilnahmen. Die Hochzeitsfeiern wurden in der Regel im Haus des Bräutigams ausgerichtet, wozu alle Verwandten eingeladen wurden. Ein traditioneller Brauch war es, dass bei der Übergabe der Einladung die Gäste Geschirr für die Feier verschenkten.

Die Auswanderer hielten an ihren aus Deutschland mitgebrachten Bräuche und Traditionen fest.

In der vorweihnachtlichen Zeit wurde in den Kirchen ein Tannenbaum aufgestellt, der festlich mit verzierten Lebkuchen und Süßigkeiten geschmückt wurde, die nach dem Abendgottesdienst den Kindern überreicht wurden. In die Häuser wurden kostümierte Menschen eingeladen, die mit den Kindern über ihre schlechten Taten aus dem vorangegangen Jahr sprachen. Nur die Kinder, die ihre Taten bereut haben, wurden beschenkt.

Das Osterfest wurde trotz seiner großen religiösen Bedeutung recht bescheiden gefeiert. Der Kirchenbesuch war aber immer verpflichtend. In der Nacht zu Ostern wurden Kindern Eier und Spielzeug vom Osterhasen gebracht.